11.02.2020

Stutz Blackhawk – der teuerste Wagen Amerikas

Mit der Wiederbelebung der amerikanischen Automobilmarke Stutz Ende der 1960er-Jahre ging der New Yorker Geschäftsmann James D. O’Donnell direkt aufs Ganze. Das Anfang 1970 vorgestellte Coupé mit der Modellbezeichnung Blackhawk war seinerzeit das teuerste Auto Amerikas. Mit einer entsprechend luxuriösen Ausstattung war ihm eine exklusive Käuferschaft von vorneherein sicher.

Aus Duesenberg wird Stutz

Vor dem Zweiten Weltkrieg galten Automobile von Duesenberg als die leistungsstärksten und schnellsten Autos auf dem amerikanischen Markt. Sie waren aber auch das Teuerste, was seinerzeit zu haben war – vielleicht mit ein Grund, warum die Marke die Weltwirtschaftskrise nicht überstand und Ende der 1930er-Jahre in Konkurs ging. Im Jahr 1964 versuchte Fred Duesenberg, Sohn des Firmengründers August Duesenberg, einen Neustart der Traditionsmarke. Zwei Jahre später präsentierte er mit dem Duesenberg Model D ein Concept Car, das von Ex-Chrysler-Design-Chef Virgil Exner mit klassischen, aber an zeitgenössische Automobile angepassten Stilelementen als sogenanntes Revival Car entworfen worden war. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten der Duesenberg Corporation kam es trotz Vorbestellungen prominenter Kunden wie Elvis Presley oder Jerry Lewis allerdings nicht zu einer Serienproduktion.

Exner schuf weitere Entwürfe für Revival Cars und konnte den Bankier James D. O’Donnell von seinem Konzept überzeugen. O’Donnell wählte mit Stutz Motor Car of America eine weitere amerikanische Traditionsmarke für die Umsetzung von Exners Entwürfen aus. Der Name des 1936 aufgelösten Automobilbauers war als Marke nicht mehr geschützt und konnte frei für die neue Gesellschaft verwendet werden.

Serie 1

Am 20. Januar 1970 präsentierte Stutz mit dem Blackhawk ein zweitüriges Coupé. Ebenso wie der Markenname stammt auch die Modellbezeichnung aus der Vorkriegszeit. Viele Stilelemente waren von Exners Duesenberg-Entwurf übernommen worden, beispielsweise der vorstehende Kühlergrill und die leicht geschwungenen Kotflügel.

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Freistehende Scheinwerfer und ein vorstehender Kühlergrill dominieren die Front des ersten Blackhawk.

Die Basis für das Auto war der Pontiac Grand Prix, ein preiswertes Massenprodukt aus dem GM-Konzern. Die Karosserie ließ Stutz in Italien fertigen. Der Prototyp entstand bei Ghia, die ersten Serienmodelle wurden bei Officine Padane in Modena gefertigt. Ab 1971 übernahm schließlich Carrozzeria Saturn im norditalienischen Cavallermaggiore die Blecharbeiten. Die GM-Basis wurde dafür nach Italien verschifft und dort die Karosserie in Handarbeit an das Chassis angepasst. Als Antrieb kam der 7,5-Liter-V8-Motor des Pontiac Grand Prix zum Einsatz, später auch andere leistungsstarke V8-Aggregate von Cadillac, Ford und aus der Chevrolet Corvette. Je nach Motorisierung kommt das Auto auf bis zu 210 Stundenkilometer und beschleunigt von 0 auf 100 in acht bis zwölf Sekunden. Aufgrund des Gewichts von etwa 2,5 Tonnen frisst ein Blackhawk zwischen 20 und 30 Litern Benzin. Mit 5,80 m Länge übertrifft der Blackhawk die Dimensionen seiner Pontiac-Basis und verfügt über einen größeren Radstand.

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Bei der ersten Blackhawk-Serie übernimmt das Reserverad die Funktion des nicht vorhandenen Stoßfängers.

Serie 2

Im Jahr 1972 wurde eine leicht veränderte Version als zweite Serie des Blackhawk hergestellt. Im Wesentlichen sind die neuen Linien etwas weniger komplex und die Ausmaße der Karosserie und der Radstand entsprechen nun der Pontiac-Basis. Das Reserverad auf dem Kofferraumdeckel dient nicht mehr als Stoßfänger, denn das Auto verfügt nun über eine gesonderte Stoßstange.

Serie 3

Die mit etwa 300 Einheiten von 1973 bis 1979 produzierte dritte Blackhawk-Serie unterscheidet sich wiederum nur in wenigen Details von ihren Vorgängern. Charakteristisch ist das stark abfallende Heck mit einer hoch angebrachten Stoßstange und darunter liegende Heckleuchten. Von der dritten Serie entstanden neben dem Coupé auch zwei Cabrio-Versionen.

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Die dritte Serie mit dem stark abfallenden Heck ist die meistproduzierte Version des Blackhawk.

Serie 4

Von 1980 bis 1986 kam mit der vierten Serie eine andere Basis zum Einsatz. Nachdem der Pontiac Grand Prix zum Modelljahr 1978 deutlich verkleinert worden war, verwendete man bis Ende 1984 Oldsmobile 88-Coupés und ab 1985 den Pontiac Parisienne. Dadurch wurde das Auto deutlich kürzer und seine Proportionen veränderten sich in Form einer kürzeren Motorhaube und einer größeren Fahrgastzelle. Auch antriebstechnisch trat man kürzer und ersetzte den 7,5-Liter-Achtzylinder durch Motoren mit 5,0 oder 5,7 Litern Hubraum.

Ein Coupé für die oberen Zehntausend

Neben der extravaganten Karosserie, der man sage und schreibe zwanzig Lackschichten gönnte, legte man bei Stutz vor allem auf die Innenausstattung des 2+2-Sitzers großen Wert, um der angestrebten Käuferschicht gerecht zu werden. Im Innenraum dominieren vergoldete, in poliertes Walnussholz eingebettete Instrumente, Sitzbezüge aus englischem Connolly-Leder und Teppiche aus neuseeländischem Lammfell. Dazu findet man elektrisch verstellbare Sitze und Spiegel, ein Kassettenradio, eine Klimaanlage und einen Tempomat. Und wäre das alles noch nicht genug: Gestartet wird der Blackhawk mit einem goldenen Zündschlüssel.

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Nur vom Feinsten: Das Innenleben des Blackhawk.

Nicht jedermanns Sache

Die extravagante Ausstattung in Zusammenhang mit der konventionellen Technik führten aber auch zu Spott. Das Auto wurde unter anderem als „einer der teuersten Scherze der Welt“ bezeichnet. Bemängelt wurde vor allem das Fahrverhalten. Später wurde der Wagen im Vergleich zu zeitgenössischen Luxusautos wie dem Rolls-Royce Camargue oder dem Aston Martin Lagonda als Coupé für erfolgreiche Pornostars bezeichnet.

Prominente Käufer

Das vor Chrom und Gold nur so strotzende Coupé war in erster Linie etwas für Leute, die auffallen wollten. Die Liste der Stars, die einen Blackhawk besaßen, ist lang: Dean Martin, Sammy Davis Jr., Frank Sinatra, Johnny Cash, Curd Jürgens, Evel Knievel, Muhammad Ali oder Elton John. Auch gekrönte Staatsoberhäupter wie der Sultan von Brunei, König Hassan II. von Marokko oder der Schah von Persien gehörten dazu. Sogar vier Blackhawks besaß Rock’n’Roll-Legende Elvis Presley. Seinen ersten Wagen erwarb er 1970 und fuhr ihn bereits im Juli 1971 zu Schrott. Ende des Jahres kaufte er deshalb seinen zweiten, 1973 und 1974 seinen dritten und vierten Blackhawk. Das letzte Foto des Entertainers zeigt ihn 1977 wenige Stunden vor seinem Tod am Steuer dieses Autos.

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Der letzte Stutz des "King" steht heute im Automuseum von Graceland.

Das teuerste Auto Amerikas

Fünfzig Jahre sind seit der Markeinführung des Blackhawks vergangen. Das muss man sich vor Augen halten, wenn man hört, dass der Wagen in Deutschland damals die unglaubliche Summe von etwa 150.000,- DM kostete. Er war damit das teuerste amerikanische Auto seiner Zeit. Zum Vergleich: Ein in puncto Luxus ebenfalls über jeden Zweifel erhabener Rolls-Royce Corniche war 10.000,- DM günstiger, wenn man diesen Begriff in dieser Preisklasse überhaupt verwenden darf. Ein Maserati Ghibli, Inbegriff eines italienischen Luxus-Sportcoupés, kostete mit 73.000,- DM etwas weniger als die Hälfte und ein Opel Kadett in der Ausstattungslinie „Festival“ lag bei gerade einmal 7.850,- DM.

Heute so teuer wie damals

Als gut erhaltener Oldtimer ist ein Blackhawk heute nur sehr selten zu finden. Bei RD Classics in Emmerich am Rhein sind Anfang des Jahres für ein Exemplar 90.000,- € aufgerufen worden. Seinen Wert hat der Blackhawk über die Jahre also ungefähr gehalten.