27.03.2019

War der Opel Calibra seiner Zeit voraus?

Ein Sportcoupé hatten die Rüsselsheimer mehrmals im Programm und überraschten damit jedes Mal die Autowelt. Den Anfang machte 1968 der Opel GT, der heute zu Recht als Stilikone bezeichnet wird. 1970 schob Opel den nicht minder legendären Manta nach, der auf Opel Ascona-Basis gegen den Konkurrenten Ford Capri antrat. Im Herbst 1989, etwa ein Jahr nach Produktionsende des Manta, kam auf Opel Vectra-Basis schließlich der Opel Calibra.

Echt schon ein Oldtimer?

Neben den beiden Kultautos Opel GT und Opel Manta wird der Calibra gerne vergessen – auch die Tatsache, dass der Wagen in diesem Jahr seine „Wartezeit“ erfüllt hat und damit ganz offiziell als Oldtimer bezeichnet werden darf. Das Ende der 1990er-Jahre sicher als futuristisch zu bezeichnende Design täuscht darüber etwas hinweg. Auf dem Markt kam das zweitürige Mittelklasse-Coupé auf jeden Fall gut an. Opel verkaufte bis 1997 fast 240.000 Fahrzeuge. Bei der Markteinführung war die Nachfrage so groß, dass Opel ab 1991 sogar Kapazitäten des finnischen Auftragsfertigers Valmet Automotive nutzen musste, um zeitnah ausliefern zu können. Darüber hinaus gab es den Calibra auch bei den GM-Markenpendants Vauxhall in Großbritannien, Holden in Australien und in Brasilien bei Chevrolet.

Der Porsche des kleinen Mannes

Der Calibra war seinerzeit das Highlight in der eher biederen Opel-Flotte der späten 1980er- und 1990er Jahre, die von Alltagsautos, wie dem Corsa, dem Vectra, dem Omega und vor allem dem Kadett E und seinem Nachfolger, dem Astra F geprägt war. Kaum zu glauben, dass für alle Fahrzeuge mit Ehrhard Schnell der gleiche Designer verantwortlich zeichnete.

Bildrechte:

Torana, Calibra Logo Silhouette, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Die Silhouette des Markenlogos zeigt, worauf es ankommt: Ein Sportcoupé mit dem besten cw-Wert der Welt bei einem Serienfahrzeug.

Walter Schlüter, Leiter des Typenreferats für die GT- und Calibra-Baureihe bei der Alt-Opel-Interessengemeinschaft in Berlin bezeichnet den Calibra gern als den „Porsche des kleinen Mannes“. Immerhin ist seine Karosserie so schnittig, dass sie im Windkanal auf einen cw-Wert von 0,26 kommt; besser als der Porsche 911 G, der selbst mit optionalem Spoilerpaket nur einen Widerstandswert von 0,38 zu bieten hat. Die Fahrleistungen können aber nicht mit der deutschen Sportwagenikone mithalten. Dazu ist der im Herbst 1989 auf der Internationalen Autoausstellung in Frankfurt vorgestellte Calibra 2.0i mit seinem 115 PS starkem Vierzylindermotor dann doch zu schwach motorisiert. Dafür kostete der Wagen aber auch „nur“ 33.900 DM. Einen Porsche 964 bzw. 911 Carrera 2 bekam man erst ab 122.340 DM und das oft als „Hausfrauen-Porsche“ verspottete Modell 924 war ja bereits 1988 mit einem Preis von 52.950 DM im letzten Modelljahr ausgelaufen. Der Vergleich hinkt ohnehin, denn nicht die Sportwagen von Porsche, sondern die Ende der 1980er-Jahre mit einer Vielzahl verschiedener Modelle den Markt beherrschenden japanischen Coupés waren die Kontrahenten des Opel Calibra.

Mit mehr Leistung und Allradantrieb zum Kultauto

Mit dem ebenfalls noch 1989 eingeführten Modell 2.0i 16V wurde die Leistung jedoch schnell auf 150 PS und eine Spitzengeschwindigkeit von 223 Stundenkilometern erhöht. 1992 kam mit dem Calibra 2.0i 16V Turbo nochmal eine Steigerung auf 204 PS mit einer Höchstgeschwindigkeit von 245 Stundenkilometern. Damit war Opel nicht nur leistungsmäßig beim echten Sportcoupé angekommen. Man behob auch eine konstruktionsbedingte Schwäche des Wagens. Da Opel keine eigene Sportwagenplattform für den Calibra entwickelt hatte, sondern als Basis den Opel Vectra verwendete, hatte die Grundversion nur einen Frontantrieb. Der Allradantrieb des 16V Turbo machte ihn schließlich auch fahrwerksmäßig zum vollwertigen Sportcoupé.

Ab 1993 brachte Opel folgerichtig auch den 170 PS starken V6-Motor aus dem Opel Vectra als Motorenvariante für den Calibra. Mit diesem Motor bestritt man auch erfolgreich die Deutsche Tourenwagenmeisterschaft und holte 1996 sogar den Titel, kurz vor dem Ende des Calibras in der Modellpalette.

Bildrechte:

Modell 2.0i 16V Last Edition.

Fazit

Auch wenn der Opel Calibra keine Stilikone wie der Opel GT geworden ist und auch kein Leinwandstar wie der Opel Manta – sein zeitloses, bei Markteinführung eher futuristisches Design ist heute noch gefällig und gibt ihn auf den ersten Blick gar nicht als Oldtimer zu erkennen. Die Plattformbauweise auf Basis des Opel Vectra nutzte bewährte Großserientechnik und hat den Wagen seinerzeit nicht nur erschwinglich gemacht, sondern war wie die cw-Wert-optimierte Karosserie oder die weltweit flachsten Serienscheinwerfer in Freiformtechnik innovativ und ihrer Zeit voraus. Spätestens der allradangetriebene 16V Turbo hatte unter den Opel-Fans Kultstatus. Nach einem Facelift 1994 ging im März 1997 mit den Sondermodellen Last Edition seine Ära zu Ende. Damals war seine zeitgenössische Coupé-Konkurrenz bereits lange Geschichte. Heute sind immer noch einige Tausend Fahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs, die ersten ab diesem Jahr sogar mit H-Kennzeichen.