06.11.2019

Warum der Ford Capri RS immer teurer wird

Wer das Sportcoupé Ford Capri bis dahin nicht ernst genommen haben sollte, wurde 1970 durch den Capri 2600 RS eines Besseren belehrt. Der als europäischer „Mustang-Ersatz“ angetretene Wagen war nicht nur preiswerter als die Konkurrenz, er konnte auch mit Rennsportikonen wie dem Porsche 911 mithalten. Als Oldtimer ist ein Ford Capri RS heute allerdings ein eher teures Vergnügen.

Ein Pony-Car für Europa

Mit dem Sportcoupé Capri wollte der US-amerikanische Autokonzern Ford den Erfolg des Mustang in Europa wiederholen. Dafür nahm man das Fahrwerk des in Großbritannien bereits seit 1962 angebotenen Ford Cortina und für den deutschen Markt Motoren aus dem Ford Taunus. Die erste Generation mit der offiziellen Bezeichnung Capri ’69 lief ab November 1968 in den britischen Ford-Werken in Dagenham und Halewood, im belgischen Genk, in Saarlouis und in Köln vom Band und wurde im Januar 1969 auf dem Brüsseler Autosalon der Öffentlichkeit vorgestellt. Ursprünglich sollte es „Colt“ heißen, aber der Name war bereits von Mitsubishi belegt.

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Ein Pony-Car für Deutschland: Ein Ford Capri der ersten Generation (Baujahr 1972).

Je nach Ausstattung und Motorisierung ist der Wagen 975 bis 1140 kg schwer, zwischen 4,186 und 4,313 m lang und 1,646 m breit. Für den britischen Markt sind 1,3- und 1,6-Liter-Kent-Reihenvierzylindermotoren, für Deutschland V4-Motoren mit 1,3 bis 1,7 Litern und als Spitzenmotorisierung ein V6-Aggregat mit 2 Litern Hubraum verbaut. Bis Jahresende wurde die Motorenpalette um einen 2,3-Liter-V6 (2300 GT), einen 2,6-Liter-V6 und für Großbritannien um einen 3-Liter-V6 (3000GT) erweitert.

RS = „richtig sportlich“

Im September 1970 legte Ford mit dem Capri 2600 RS eine Rennsportversion nach. Der bisher 125 PS starke 2,6-Liter-V6 kommt mit einer Einspritzung von Kugelfischer auf 150 PS. Durch eine veränderte Kurbelwelle hat er einen geringfügig auf 2635 Kubikzentimeter vergrößerten Hubraum. Da die Autos die offizielle PS-Angabe ohnehin schon überschritten, verzichtete man auf eine geplante modifizierte Nockenwelle, um in einer günstigeren Versicherungsklasse zu bleiben. Weitere Modifikationen sind die leistungsfähigere Ölpumpe, HD-Ventilfedern, eine Auspuffanlage mit Fächerkrümmer und getrennten Endrohren. Auch optisch ist der RS aufgewertet. Doppelscheinwerfer, in der Schürze unter den Scheinwerfern platzierte Blinker und bis Juli 1971 fehlende Stoßstangen, die danach als verchromte Stummelstoßstangen ausgeführt waren, sowie zusätzliche Lufteinlässe über dem Nummernschild heben ihn von den Standardmodellen ab. Innen sorgen Sportsitze mit Cordbezug, ein AVO-Sportlenkrad und ein schwarzes Armaturenbrett RS-Feeling. Diesem Anspruch tragen ein Fahrwerk mit Bilstein-Gasdruckstoßdämpfern, kürzeren Schraubenfedern und Federbeinen an der Vorderachse, hinten Einblattfedern mit Distanzstücken Rechnung. Sie sorgen für eine etwa 5 cm tiefere Karosserie mit wesentlich besserer Straßenlage.

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André Karwath aka Aka, Saxony Classic Rallye 2010 - Ford Capri RS 2600 1970 (aka), CC BY-SA 2.5

Ursprünglich hatte der Capri RS keine Stoßstange.

Modellpflege

Im September 1972 überabeitete man die Karosserie. Die Blinker wanderten in die Stoßstange, die übrige Beleuchtung wurde in Form von Rechteck- oder Doppelscheinwerfer und vergrößerten Heckleuchten modifiziert. Dazu gab es neue Sitze und ein komfortableres Fahrwerk. Die V4-Aggregate mussten Reihenvierzylindern mit 1,3 und 1,6 Litern Hubraum aus dem Ford Taunus weichen. In Deutschland war als Spitzenmotorisierung nun der britische 3-Liter-V6-Motor lieferbar.

Diese offiziell als Capri ’73 bezeichneten Modifikationen machten das Auto Capri noch beliebter. 1973 verkaufte man 233.000 Fahrzeuge – mehr als je zuvor. Im August hatte Ford insgesamt eine Million Fahrzeuge produziert, 784.000 davon in Deutschland.

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Die überarbeitete RS-Variante erkennt man an der geteilten Stoßstange.

Einen neuen Capri braucht das Land

Als die Verkaufszahlen stagnierten, entschied sich Ford zu einer umfangreichen Überarbeitung seines Sportcoupés. Eine Heckklappe und größere Glasflächen verbesserten die beim Vorgänger oft kritisierte Rundumsicht. Die Bodengruppe und die Technik blieben weitgehend unverändert, lediglich die hintere Spur wurde um 5,6 cm verbreitert. Eine weichere Federung sollte das Auto auch für weniger sportlich ambitionierte Fahrer attraktiv machen. Auch innen glich der Capri dem 1973er-Modell bis zur B-Säule. Lediglich die Rückbank konnte nun gesamt oder bei den höheren Ausstattungsvarianten getrennt umgelegt werden. Ab Februar 1974 war der Capri II erhältlich. Im März 1978 präsentierte Ford die stark überarbeitete Version Capri II ’78, der inoffiziell gerne auch als Capri III bezeichnet wird. Eine über die Doppelscheinwerfer gezogene Motorhaube, veränderte Gitter des Kühlergrills, umgreifende Stoßstangen und ein in die Frontschürze integrierter kleiner „Spoiler“ kennzeichnen das neue Modell.

1981 entfielen die 2- und 3-Liter-Motoren zugunsten eines 2,8-Liter-Aggregats mit Einspritzung. Der Capri 2.8 injection war eine Sportversion mit mechanischer K-Jetronic-Einspritzung, 160 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 210 Stundenkilometern. Im Sommer kam schließlich der auf 200 Stück limitierte Capri Turbo mit 188 PS und einem Garrett T04 B50 Turbolader auf einer Vergaserversion des 2,8-Liter-Motors und RS-Komponenten, wie einem sportlicheren Fahrwerk mit Gasdruckstoßdämpfern und 25 mm Tieferlegung. Erkennbar sind die 215 Stundenkilometer schnellen Turbo-Capris an Kotflügelverbreiterungen aus GFK, einem Front- und einem doppelten Heckspoiler, 235/60R13-Reifen, Sportsitzen in grauem Velourstoff und einem 4-Speichen-RS-Lenkrad.

Ein Kultauto

Unter den vielen Capri-Modellen ist heute vor allem der Ford Capri RS 2600 auf Basis des Capri I als Oldtimer absoluter Kult. Seine mechanische Kugelfischer-Einspritzanlage wurde seinerzeit vor allem im Motorsport eingesetzt. Dass die aus versicherungstechnischen Gründen gewählte Leistungsangabe von 150 PS untertrieben ist, wissen die Liebhaber dieses Autos. Mit tatsächlichen 160 bis 170 PS, einer Beschleunigung von 0 auf 100 in 7,7 bis 8,0 Sekunden und einer Spitzengeschwindigkeit von 200 Stundenkilometern war der RS Basis für die werkseigenen Motorsportfahrzeuge. Auf Initiative des damaligen Ford-RS-Chefs Jochen Neerpasch entwickelt, wurde der Wagen auch für Privatfahrer angeboten. Durch GFK-Teile und das Weglassen jeglicher Dämmung hatte man ihn für den Rennsport gewichtsoptimiert.

1970 beginnt die Motorsport-Erfolgsgeschichte des Ford Capri RS. Bereits in seinem ersten Jahr bei Ford wird Jochen Mass mit dem Auto Vizemeister bei der Bergrennen-EM. Ein Jahr später wird Dieter Glemser mit einem weiterentwickelten und mittlerweile 380 PS starken 2,9-Liter-RS Tourenwagen-Europameister und Mass Deutscher Rundstrecken-Meister. 1972 wird Mass Tourenwagen-Europameister vor seinem Markenkollegen Glemser, Hans-Joachim „Strietzel“ Stuck siegt mit dem auf 300 PS erstarkten 3-Liter-RS in der erstmals ausgetragenen Deutschen Rennsport-Meisterschaft. Beim beim 24-Stunden-Rennen von Spa belegt der Capri RS die ersten drei Plätze und in Le Mans die Plätze 1 und 2 im Tourenwagenklassement.

1973 hatte BMW mit dem 400 PS starken BMW CSL Coupé kurzzeitig Capri-Dominanz in der Tourenwagen-EM gebrochen, doch Ford schlug ein Jahr später mit einem 3,4-Liter-Cosworth-Motor mit 415 PS zurück, sicherte sich die Fahrer- und die Markenwertung und belegte in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft den dritten Platz.

Nachdem man sich in der Folgezeit auf die Entwicklung des Escort konzentriert hatte, kam der Capri 1978 mit einer turbogeladenen Version des Zakspeed-Rennstalls noch einmal in die Erfolgsspur zurück. Mit kurzzeitig abrufbaren 600 PS, die den Motor an den Rand einer Explosion brachten, pulverisierte Ford auf dem Hockenheimring die Trainingsbestzeit der Deutschen Rennsport-Meisterschaft, zum Titelgewinn reichte es allerdings noch nicht. Erst 1981 kam Klaus Ludwig im Turbo-Capri wieder zum Erfolg. Erst als 1982 auch wesentlich stärkere Sportwagen zugelassen wurden, kam das Rennsport-Aus für den Turbo-Capri. 1984 endete die Capri-Ära auch auf der Straße. Nur für den britischen Markt wurde er noch bis Ende 1986 gebaut und kam so insgesamt auf 1.886.647 Einheiten.

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Der Zakspeed-Ford Capri Turbo von Jochen Maas, 24. Mai 1980.

Ganz klar: Das RS-Logo auf einem Capri zählt, vor allem, wenn das Auto auch noch eine Rennsporthistorie aufweisen kann. Seine Erfolge in den Tourenwagenserien haben das Auto zum Kult gemacht und das muss man auch entsprechend bezahlen. Laut Classic Data hat der Capri RS im letzten Jahr einen regelrechten Boom erlebt und ist im Wert um 60-90 % gestiegen. Mittlerweile steht er in gutem Zustand kurz vor der 50.000,- €-Grenze. Daher lautet auch die Empfehlung der Experten, das Auto gut zu prüfen, denn Ford-Rennsport-Klassiker werden mittlerweile nachgebaut und als Original verkauft.