Wie der Astra F Opels Ruf zerstörte

Als Opel 1991 den Astra F als Nachfolger des Opel Kadett E auf den Markt brachte, sollte alles moderner, schöner und besser werden. Opel verfolgte den gleichen Ansatz, wie 1962 bei der erfolgreichen Einführung des Kadett A, änderte allerdings passend zur übrigen Modellpalette den Namen und machte dann eigentlich fast alles falsch. Das schlechte Image, das sich der Konzern mit diesem Auto erwarb, wirkt bis heute nach.

Neuer Name = Alles besser?

Mit dem geplanten Imagewandel bei der Einführung des Opel Astra F wollten die Rüsselsheimer einen Angriff auf den VW-Bestseller Golf starten – ein Angriff, den man angesichts fast fünf Millionen verkaufter Golf III in ungefähr dem gleichen Zeitraum heute als Rohrkrepierer bezeichnen könnte. Der Astra wurde in der Ära des Opel-Managers José Ignacio López geschaffen. López versuchte vor allem, die Kostenstruktur im Opel-Konzern zu verschlanken. Seine rigide Preispolitik gegenüber den Zulieferern führte aber vor allem zum sogenannten „López-Effekt“, zu Qualitätseinbußen bei vielen Teilen. Im Rahmen dieser Politik trat der Astra zwar mit einem eleganteren, ja erwachseneren Namen an, als sein Vorgänger Opel Kadett, doch der fortlaufende Modellbuchstabe von E auf F zeigt, dass der Wagen ebenso wie sein Vorgänger auf der T-Plattform basiert, die General Motors bereits 1979 entwickelt hatte. Im Grunde bekam also der Kadett lediglich einen neuen Namen, weil Opel in den 1990er-Jahren alle Modellbezeichnungen auf Endungen mit -a umstellte: Corsa, Vectra, Omega oder Calibra. Das hat Opel übrigens mit einigen Ausnahmen bis heute durchgehalten.

Von Beginn an gab es verschiedene Modellvarianten: Limousine, Schrägheck als 3- oder 5-Türer, 2-türiges Cabriolet vom italienischen Designer Bertone und die Kombiversion Opel Astra Caravan. Während es den „normalen“ Astra mit verschiedenen Benzinmotoren mit bis zu 1,8 Litern Hubraum und verschiedenen 1,7-Liter-Dieselmotoren gab, kam das Flaggschiff des neuen Kompaktmodells, der Opel Astra GSi, mit 2,0 Litern Hubraum und bis zu 150 PS daher. Ein Pfund gegenüber der Konkurrenz von VW war sicher der Astra Caravan, denn den Golf Variant gab es erst zwei Jahre später zu kaufen.

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Die Limousine des Opel Astra.

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M 93, Opel Astra F 20090424 rear, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Beliebter war das Astra allerdings mit Schrägheck.

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Auch der Astra Caravan ist heute noch auf unseren Straßen unterwegs.

Jede Menge Rost und andere „Kleinigkeiten“

Zwar war der Astra mit solider Motorentechnik ausgestattet, aber das eigentliche Problem des Autos war seine Unzuverlässigkeit in vielen anderen Bereichen. Die Liste der Qualitätsmängel und Konstruktionsfehler ist lang. Die erste Generation Astra enttäuschte seine Käufer mit ständigen Werkstattaufenthalten, einer Rückrufaktion wegen Konstruktionsfehlern am Tank und mit jeder Menge Rost – an den Radläufen, am Tank, am Auspuff und an den Türkanten. Mindestens bis zum im August 1994 eingeführten Modelljahr 1995 sind Rostschäden ein ständiger Begleiter des Astra. Erst dann verbesserte Opel den Rostschutz des Wagens.

Aber auch andere „Innereien“ des Wagens machten gerne Probleme. Dazu gehören undichte Wasserpumpen oder Zahnriemen, die sich weit vor dem eigentlichen Austauschdatum verabschiedeten – mit allen negativen Folgen für den Motor. Lenkgetriebe und Servopumpe waren gerne mal undicht und Öl unter statt in der Ölwanne bildete schon einmal eine unfreiwillige Parkplatzmarkierung. Risse im Auspuffkrümmer führten häufig dazu, dass beim Ausbau die Krümmerschrauben abrissen und ausgebohrt werden mussten. Fahrwerksseitig waren oft die Stoßdämpfer betroffen, die Traggelenke ausgeschlagen oder die Achskopfmanschetten gerissen.

Im Innenraum bekämpfte der Astra die Nerven seiner Passagiere schon mal mit einer Lüftung, die wegen defekter Vorwiderstände nur noch auf der höchsten Stufe lief, oder mit fast „serienmäßig“ klappernder Innenverkleidung wegen abgebrochener Halterungsclips.

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Der Besitzer war es wohl leid … ein verlassenener Opel Astra auf einer Autobahnraststätte.

Bald ein Oldtimer ohne Liebhaber?

Nach dem Facelift im Jahr 1994 mit neuen Außenspiegeln, Stoßstangen, Blinkern, Scheinwerfern, Rückleuchten und vielem mehr, vor allem dem bereits erwähnten, verbesserten Korrosionsschutz, kam schließlich 1998 das Aus in Form des Nachfolgemodells Astra G. Nun dauert es zwar nur noch zwei Jahre, bis das erste Baujahr offiziell Oldtimer wird, doch beschränkt sich die Fangemeinde wohl eher auf Bastler und Liebhaber getunter GSi-Modelle. Einen ähnlichen Kultstatus wie der Opel Kadett wird der Astra F wohl nicht mehr erreichen. Und der Ruf des Opel-Konzerns? Der hat bis heute weitere Schrammen abbekommen, wie zuletzt durch die Schließung des Bochumer Werks im Jahr 2015. Aber eine ganz tiefe Schramme ist und bleibt ganz sicher auch der Opel Astra F.