30.10.2020

Der Porsche 989 – Ein wegweisendes Concept Car?

Mit dem Porsche Panamera gelang dem Sportwagenhersteller aus Stuttgart ein unvergleichlicher Erfolg – eine viertürige Kombilimousine, die in 3,5 bis 5,6 Sekunden von 0 auf 100 Km/h beschleunigt und doch luxuriös und komfortabel zugleich ist. Diese Idee ist jedoch nicht erst mit der Entwicklung des Panamera in den 2000ern und der Markteinführung 2009 geboren worden. Ein bis heute relativ unbekanntes Concept Car von Porsche, der Porsche 989, hat Ende der 80er-Jahre die damals finanziell strauchelnde Autoschmiede aus Zuffenhausen mit enormen Entwicklungskosten in Bedrängnis gebracht, aber zugleich den Panamera von heute maßgeblich beeinflusst.

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Die hinteren Türen des 928 öffneten sich entgegen der Fahrtrichtung. Ein Einzelstück ohne vier Türen, aber mit vier Sitzen wurde Ferry Porsche an seinem 75. Geburtstag vorgestellt.

Die Idee eines viertürigen Porsches

Das Vorhaben, einen Gran Turismo mit vier Türen zu gestalten, ist schon wesentlich älter als der 989 oder der Panamera. Bereits Anfang der 1950er Jahre war die Idee mit dem 356 Typ 530 geboren, da Ferdinand Porsche (mit 26 bereits selbst Vater geworden) das Bedürfnis hatte, auch Familien in einem Sportwagen unterzubringen. Trotz erster Versuche kam das Vorhaben zögerlich ins Rollen. Es folgte im Jahr 1959 der Porsche Typ 754 T7, aus dem der 911 hervorging. Mit dem Porsche 928-4 (942) wurde das Vorhaben fortgeführt: Auf Basis des Porsche 928, der von 1977 bis 1995 gebaut wurde, entstand im Jahr 1984 ein viersitziger Sportwagen, indem die Rohkarosse von 4,52 Metern auf 4,77 Meter verlängert und zum leichteren Einsteigen die B-Säule senkrecht gestellt wurde. Das Gewicht nahm insgesamt um 75kg zu und der Wendekreis erhöhte sich auf 12,5 Meter. Porsche entschied sich wegen der geringeren Karosseriesteifigkeit dennoch gegen eine Serienproduktion. Die Idee eines viertürigen Porsches in Serienproduktion verschwand erneut für einige Jahre in den Schubladen der Konstruktionsabteilung des Autobauers – bis 1989.

Der Porsche 989

Bereits wenige Jahre später belebte Porsche die Idee erneut. Im Jahr 1989 wurde der Niederländer Harm Dagaay mit dem Design für den Porsche 989 beauftragt, der bis 2004 auch die Porsche-Modelle Boxter, Cayman, Carrera GT, Cayenne und 911 stilistisch maßgeblich prägte. Die Vorgaben für das Projekt waren eindeutig: Die DNA des 911ers sollte klar und deutlich erkennbar sein, der 989 sollte aber trotzdem eine ganz eigenständige Formgebung erhalten. Für den Porsche 989 entstanden so einige Designelemente, welche bei späteren Modellen weitergeführt wurden.

So fanden etwa die Frontscheinwerfer später beim Porsche 993 (1993-1998) Verwendung. Bei der Linienführung der Karosserie des 996 (1997-2006) hat das Konzept des 989 ebenfalls Modell gestanden. Der Radstand des 989ers betrug ca. 2,8m im Vergleich zu 2,27m beim Porsche 964, der damaligen Version des Porsche 911. Er verfügte über einen 3,6-Liter-V8-Motor mit 300 PS und Wasserkühlung, der 964 war mit “lediglich” mit 250 PS und einem 6-Zylinder-Motor ausgestattet. Mit ungefähr der gleichen Leistung wie die Turbo-Modelle des 964 (320/360 PS) war der 989 ein hochmotorisierter Sportwagen, auch wenn der Anblick durch seine vier Türen sehr sanft und zahm anmutet.

Leider stand das Projekt unter keinem günstigen Stern, denn Ende der 1980er Jahre war Porsche in großen wirtschaftlichen Nöten. Die Absatzzahlen waren sehr gering und darüber hinaus war der Dollar stark gesunken. Das so vielversprechende Projekt wurde 1992 endgültig gestoppt, die Gründe hierfür waren vor allem die enorm hohen Entwicklungskosten, die bis zum Zeitpunkt der Einstellung 600.000 Millionen DM betrugen. Das Budget sprengte ebenfalls den vorher gesteckten finanziellen Rahmen. Mit über 50% mehr als ursprünglich eingeplant, hätte die Entwicklung des Porsche 989 insgesamt über eine Milliarde DM gekostet. Geld, das der Autobauer aufgrund der schlechten bereits erwähnten wirtschaftlichen Situation nicht für ein Projekt unsicheren Ausganges ausgeben konnte und wollte. Die Aufmerksamkeit und die Ressourcen wurden für die Modelle Carrera und Boxster gebraucht.

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Ein Viertürer mit der DNA des 911er. Diese Vorgaben machte Porsche dem Designer Harm Lagaay im Jahr 1989.

Das Millionengrab

Obwohl das Projekt noch vor seiner Fertigstellung gestoppt wurde, haben die hohen Entwicklungskosten des 989 den bereits angeschlagenen Konzern in enorme finanzielle Bedrängnis gebracht. Auch von dem Modell selbst prognostizierte sich Porsche nicht die wirtschaftliche Rettung des Konzerns. Der Preis für ein Fahrzeug wurde auf 160.000 bis 170.000 DM geschätzt, wodurch nicht von unternehmens-rettenden, hohen Absatzzahlen ausgegangen werden konnte. Später stellte sich heraus, dass der einzige, angeblich demontierte, Prototyp doch noch erhalten worden ist, weshalb wir dieses zukunftsweisende Projekt von Porsche noch heute im Porsche Museum bestaunen können. Die Ähnlichkeiten zum Panamera sind nicht von der Hand zu weisen und optisch steht der 989 sehr gut da.

Der Porsche 989 war seiner Zeit voraus und leider zum Zeitpunkt wirtschaftlicher Engpässe konzipiert worden - und wer weiß, wäre Porsche Anfang der 1990er Jahre finanziell besser aufgestellt gewesen, dann würden dieser Jahre die ersten 989er mit H-Kennzeichen über Deutschlands Straßen fahren.

Die Vision von Porsche, einen viertürigen GT zu entwickeln, ist nicht gänzlich aufgegeben worden und bereits 10 Jahre später wurde im Jahr 2002 mit dem Cayenne der erste Porsche-Viertürer der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Obwohl es der Porsche 989 nicht in die Serienproduktion schaffte, kann er heute ohne Zweifel als Vorgänger des Panamera betrachtet werden und hat zumindest ein Stück Firmengeschichte und vor allem Automobilgeschichte geschrieben.

Headerbild Bildrecht: Dambedei, Porsche 989 Prototyp Seitenansicht, CC BY-SA 3.0