15.05.2019

Citroën BX 4 TC – Ein fast vergessener Rallye-Wagen

Mit dem Citroën BX 4 TC wollte der Autobauer aus dem französischen Rueil-Malmaison 1986 die Rallye-Weltmeisterschaft in der Gruppe B der Grand Tourismo-Fahrzeuge aufmischen. Zu den Platzhirschen dieser Klasse konnte der Allrad-Franzose jedoch nie aufschließen. Er erlitt eher einen Blattschuss. Da Citroen das Projekt bereits im gleichen Jahr wieder einstampfte, ist der Oldtimer heute fast in Vergessenheit geraten.

Eine unglaubliche Rallyeserie

Wenn Rallye-Fans die Sieger der zwischen 1982 und 1986 ausgetragenen Gruppe B-Weltmeisterschaft aufzählen, finden sich so klangvolle Modelle wie Audi Sport quattro S1, Lancia 037 Rally, Lancia Delta S4, Peugeot 205 Turbo 16, MG Metro 6R4 oder Ford RS200. Kaum jemand denkt dabei an den Citroën BX 4 TC. Das mag vor allem daran liegen, dass dem Wagen in dieser Rennserie eines fehlte: Erfolg! In den nur fünf Jahren, bevor die Klasse wegen spektakulärer und teilweise tödlicher Unfälle wieder abgeschafft wurde, tummelten sich hier überwiegend Allradfahrzeuge, die aufgrund des sehr lockeren Reglements unglaublich hochgezüchtet und am Limit nur noch schwer zu kontrollieren waren. Beschleunigungsorgien auf unbefestigter Piste bei Leistungswerten von 400 bis 600 PS sprechen eine eindeutige Sprache. Eigentlich gab es nur ein nennenswertes festes Kriterium: Es mussten mindestens 200 Exemplare des Wagens als Straßenversion gebaut werden.

Nachdem Citroën bereits erfolglos versucht hatte, mit verschiedenen Prototypen, vor allem mit dem ab Mitte 1978 gebauten Kleinwagen Visa in der Rennserie Fuß zu fassen, schickte man Anfang 1986 eine Rallye-Version der seit 1982 gebauten Mittelklasse-Limousine BX auf die Piste.

Der BX 4 TC Evo – umfangreich modifiziert vom Asphalt auf den Schotter

Der Citroën BX sollte in der Rallyeversion 4 TC Evo mit einem wie beim Audi quattro längs eingebauten Motor auf die Jagd gehen. Probleme mit dem Untersteuern bei dieser Motoranordnung mit dem weit vorne liegenden Schwerpunkt, die bereits bei Audi aufgetreten waren, wollte man mit einem hydropneumatischen Fahrwerk kompensieren, das bereits den Modellen Citroën ID und DS zum Einsatz gekommen war.

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Frontansicht mit runden Zusatzscheinwerfern.

Äußerliche Unterschiede zur normalen Straßenversion sind vor allem eine längere und breitere Front mit einem Powerdome auf der Motorhaube und verbreiterte Radhäuser am Heck, die größere Räder aufnehmen können. Vorne finden sich zwischen den Scheinwerfern vier kleinere rechteckig oder auch größere runde Zusatzleuchten. Ein Heckflügel soll die Bodenhaftung verbessern. Im Innern werkelt ein 2,1-Liter-Vierzylindermotor mit Turboaufladung. Die Kraftübertragung erfolgt über ein Fünfgang-Schaltgetriebe, das bereits im Citroën SM seinen Dienst verrichtet hat. Der Allradantrieb hat kein zentrales Differential. Der Heckantrieb kann über einen Hebelzug zu- oder abgeschaltet werden. Die Straßenversion bezieht aus dieser Motorisierung 200 PS bei einem maximalen Drehmoment von 300 Newtonmetern und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 220 Stundenkilometern bei einer Beschleunigung von 0 auf 100 Stundenkilometern in 7,5 Sekunden. Die Rallyeversion kommt mit einem modifizierten Turbolader auf 380 PS und ein Drehmoment von 460 Newtonmeter. Die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 280 Stundenkilometern, die Beschleunigung von 0 auf 100 bei 5,5 Sekunden. Mit 1.100 kg ist die Rallyeversion zwar leichter als die 1.280 kg schwere Straßenversion, allerdings immer noch relativ schwer im Vergleich zur Konkurrenz.

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Heckansicht der Straßenversion.

Während die nur in einer Auflage von 20 Stück gebaute Rennsport-Version logischerweise spartanisch mit Sicherheitskäfig, zwei Rennschalensitzen mit Sechspunktgurten und Mikro zur Positionsangabe für den Co-Piloten ausgestattet ist, spendierte Citroën der Straßenversion zusätzlich Rundinstrumente für die Anzeige von Öl- und Kühlwassertemperatur und sogar elektrische Fensterheber. Natürlich sitzt man in der seinerzeit übrigens nur in weiß erhältlichen Limousine auch auf gepolsterten Sitzen. Ansonsten zeigt der Fahrkomfort trotz drei Einstellungsvarianten der Hydropneumatik für unterschiedliche Bodenfreiheit deutliche Nähe zum Rennsport.

Nachdem die vorgeschriebenen 200 Straßenfahrzeuge produziert waren, konnte der Citroën BX 4 TC Evo im Oktober 1985 bei der FIA homologiert werden.

Im Rennsporteinsatz: Startschwierigkeiten

In erster Linie für den Rallyesport ausgelegt, versagte der Wagen eben genau dort völlig. Er war erst sehr spät fertig geworden und es blieben vor dem ersten Rennen der Saison im Januar 1986 in Monte Carlo lediglich fünf Tage zum Testen. Das sollte sich bitter rächen. Zwei bis drei Wagen sollten den Wettbewerb aufnehmen, jedoch fiel bereits in der ersten Wertungsprüfung das Auto von Philippe Wambergue durch einen Schaden an der hydropneumatischen Federung aus. Einen weiteren Totalausfall gab es in der sechsten Wertungsprüfung, als Jean-Claude Andruet seinen Wagen in den Straßengraben fuhr und nicht aus eigener Kraft wieder herauskommen konnte.

Beim folgenden Rennen der Gruppe B in Schweden kam ein Motorschaden zur Liste der Pannen hinzu. Allerdings erreichte Andruet dort einen sechsten Gesamtrang und damit die beste Platzierung, die ein BX 4 TC jemals einnehmen sollte. Schon bei der Rallye Akropolis in Griechenland fielen alle drei Wagen mit defekter Hydropneumatik-Federung aus.

Die BX 4 TC-Story

Ein Ende mit Schrecken

Auch in der französischen Rallye-Meisterschaft waren zur gleichen Zeit einige Wagen eingesetzt. Sie konnten aber ebenfalls keine Erfolge verbuchen. Daher zog Citroën trotz enormer Anstrengungen die Reißleine und nahm den Wagen aus dem Rennen. Nachdem die Gruppe B ohnehin nach der Saison 1986 eingestellt wurde, hätte es keine Möglichkeit zu einer dringend notwendigen Verbesserung oder Überarbeitung des Wagens gegeben. Noch sehr nah beziehungsweise für den Rallyesport zu nah an der Straßenversion, hätte auch ein überarbeitetes Auto wohl große Mühe mit seinen bereits zu Spezialfahrzeugen entwickelten Konkurrenten gehabt. Alle noch im Werk oder bei den Händlern stehenden Wagen wurden demontiert. Das Auto ist daher heute eine absolute Rarität, denn nur 86 Stück des seinerzeit fast 250.000,- Francs teuren Wagens waren bis dahin an Privatleute verkauft worden, keines davon nach Deutschland, denn hier war er nicht zulassungsfähig.

Wenig ist geblieben …

Heute soll es noch etwa 40 Exemplare geben, darunter je eine Rallye- und Straßenversion in der werkseigenen Sammlung von Citroën. Von den übrigen Rennsportfahrzeugen sollen nur noch maximal fünf Stück erhalten sein. Weitere BX 4 TC stehen in einigen französischen Automobilmuseen, beispielsweise im Hommel-Museum im französischen Loheac oder im Musée Automobile Reims Champagne in Reims. Wer diesen Oldtimer privat besitzt, gehört folglich zu einem sehr erlauchten Kreis.

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Erhaltener Wagen im Musée Automobile Reims Champagne.

Aufsehen erregte der Wagen schließlich noch abseits der Rennstrecke. Der mittlerweile insolvente italienische Karosseriebauer Carrozzeria Bertone hatte einen Wagen als Zabrus Conceptcar in 25.000 Arbeitsstunden umgebaut und dem eckigen Franzosen etwas italienischen Chic verpasst. Neben Änderungen der Karosserie findet man im Innenraum Leder und Velours, elektrisch verstellbare Sitze und digitale Instrumente.