20.02.2019

Wie viel taugen Wasserlacke wirklich? Ein Profi packt aus.

Seit 2007 ist es gesetzlich vorgeschrieben, Lacke auf Wasserbasis zu benutzen – lediglich für Oldtimer und LKWs gelten Ausnahmeregelungen. Mittlerweile sind über 10 Jahre ins Land gegangen. Wir haben uns gefragt, wie Wasserlacke im Vergleich zu konventionellen Acryllacken abschneiden – dazu haben wir einen Pforzheimer Lackiererprofi interviewt. Erfahre mehr im Folgenden!

Christian Rupcic ist 36 Jahre alt und arbeitet in Pforzheim als Lackierer, Custom-Painter und Künstler. Seinen Arbeiten sind die Liebe zum Detail und jahrelange Erfahrung deutlich anzusehen. Von Wasserlacken hält der Profi nicht viel. Seiner Meinung nach haben sie gegenüber Lacken auf Lösemittelbasis nur einen einzigen Vorteil: Sie sind umweltfreundlicher.

Christian Rupcic bei der Arbeit.

Christian Rupcic bei der Arbeit.

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Wasserlacke? Acryllacke?

In herkömmlichen Lacken, wie sie über lange Zeit verwendet wurden, sind die Farbpigmente in organischen Lösemitteln gelöst. Dadurch trocknete der Lack schneller, war aber durch seine z.T. gesundheitsschädlichen Bestandteile weder gesund noch umweltfreundlich. Wasserlacke sind im Gegenzug geruchsneutral und belasten weniger die Umwelt, trocknen jedoch auch entsprechend langsamer, da Wasser einen vergleichsweise hohen Siedepunkt aufweist.

Eine der häufigsten Fehlvorstellungen ist, dass Wasserlack im Gegensatz zu Acryllacken nicht gesundheitsschädlich sei. Dabei muss man vor allem bei Wasserlacken vorsichtig sein: Schadstoffe können extrem schnell über die Augen aufgenommen werden, wenn sie Farb- oder Lacknebel ausgesetzt sind. Auch die Atemwege können durch Wasserlack nachhaltig geschädigt werden. Es sollten für die Arbeit mit Wasserlacken daher die gleichen, wenn nicht sogar strengere, Schutzmaßnahmen getroffen werden.

Von der Verarbeitung durch Laien rät Christian insbesondere bei Wasserlack ab. Er sei wesentlich schwerer zu verarbeiten, was vor allem an der geringen Deckkraft und der langen Trocknungszeit liege. Je nach Farbton seien bis zu 8 Schichten notwendig, um eine gleichmäßig deckende Lackierung zu erzeugen. Bei so vielen Auftragungen sei das Risiko hoch, dass die unteren Schichten nicht richtig aushärten und der Lack nach wenigen Monaten „absackt“.

Eine etwas andere Lackierarbeit von Christian Rupcic

Eine etwas andere Lackierarbeit von Christian.

Generell ist bei der Arbeit mit Wasserlacken einiges zu beachten – vor allem, wenn man über Jahre hinweg die Verarbeitung von Acryllacken gewohnt ist. So sei die Oberfläche von Decklack auf Wasserbasis wesentlich „weicher“ als bei konventionellem Lack. Aufpassen muss man bei hoher Luftfeuchtigkeit, der Lack könne sich dann schnell „setzen“, wodurch unschöne Änderungen in der Oberflächenstruktur auftreten.

Auch die Ausbesserung von Fehlstellen ist sehr umständlich. Korrekturen durch Zwischenschliff sind bei Wasserlacken kaum möglich, das komplette Bauteil muss neu lackiert werden, wodurch der Materialverbrauch des ohnehin schon teureren Wasserlacks enorm steigt. Blanke Stellen, an denen die Grundierung durchgeschliffen ist, können der Auslöser für Rost sein. Und sogar die Aufbewahrung von Wasserlacken ist ein Problem: Bei Restbeständen können nach kurzer Zeit Farbtonveränderungen auftreten, da es zur Oxidation von Metallic-Partikeln kommt. Kurz gesagt: Für einen Lackierer ist Wasserlack mit einem enorm hohen Arbeitsaufwand verbunden. Vorteile in der Verarbeitung gibt es keine, selbst die Farbtongenauigkeit sei laut Christians Aussage katastrophal.

Lackierarbeit von Christian Rupcic mit Metallic Partikeln im Lack

Eine eindrucksvolle Lackierarbeit von Christian. Metallic Partikel, wie sie hier verwendet wurden, können in Wasserlacken oxidieren und Farbtonveränderungen hervorrufen.

Versteht uns nicht falsch: Wir finden es gut und sinnvoll, dass zur Lackierung nun größtenteils umweltfreundliche Wasserlacke verwendet werden. Wir wollen lediglich darauf hinweisen, dass Wasserlacke, wie sie heutzutage produziert werden, in sehr vielen Aspekten mehr als verbesserungswürdig sind.

Young- und Oldtimer-Besitzern empfiehlt Christian: Geht zu einem Profi, der euer Fahrzeug mit konventionellen Lacken auf Lösemittelbasis lackiert. Lackierereien erhalten für Young- und Oldtimer Sondergenehmigungen, wodurch sie eurem Fahrzeug eine sehr teure und risikoreiche Umlackierung auf Wasserlack ersparen können. Gut zu wissen: der bei vielen Oldtimern eingesetzte 2K-Lack ist auch ohne Sondergenehmigung legal erhältlich.

Falls dich Christians Arbeiten neugierig gemacht haben, genieße noch folgende Fotos einiger seiner Werke und besuche seine Facebook-Seite unter diesem Link.

Custom Bike von Christian Rupcic

Custom Bikes wie dieses sind Christians Spezialität

Klassische Lackierung von Christian Rupcic

Doch auch klassische Lackierungen wie die, dieses extrem sauberen Mercedes Benz meistert Christian mit Leichtigkeit.