26.01.2021

Der Audi “Ur-quattro” – Eine revolutionäre Idee

Der Audi quattro war mit 11.452 gebauten Fahrzeugen der erste mit Allradantrieb ausgestattete Wagen in Serienproduktion überhaupt. Mit seiner revolutionären Antriebstechnologie eroberte er nicht nur den Automobilmarkt, sondern stellte auch den Rallyesport auf den Kopf. Wir haben uns gefragt, was die Faszination quattro ausmacht und für dich recherchiert. 

Die Ursprünge des Audi Quattro gehen bis ins Jahr 1976/1977 zurück, als Audi-Ingenieure im schwedischen Winter Testfahrten mit Limousinen unternahmen. Als Begleitfahrzeug war ein VW Iltis, der als Geländewagen der Bundeswehr bis in die 1990er-Jahre hinein in Gebrauch war, ebenfalls vor Ort. Den Ingenieuren fiel auf, dass die frontangetriebenen Limousinen im Vergleich zum allradgetriebenen Iltis die Herausforderungen der winterlichen Bedingungen nicht ansatzweise so gut bewältigten.

Nach Abschluss der Versuchsreihe in Schweden startete Audi das Projekt “quattro”. Es wurde ein Prototyp auf Basis des Audi 80 mit einem Fünfzylinder-Turbomotor angefertigt und dieser dann im Winter 1978 dem Vorstand bei einem Versuch in Österreich vorgestellt, bei dem Winterreifen und Schneeketten an anderen Fahrzeugen auf einer verschneiten Steigung getestet wurden. Das erstaunliche Ergebnis dieses Tages: Der Audi quattro-Prototyp bezwang die Steigung ohne Probleme – mit Sommerreifen! Im Sommer darauf erstaunte der Prototyp des Audi quattro ein weiteres Mal auf einer steilen, durchnässten Wiese, indem er als einziges Fahrzeug dieses Versuchs die Steigung überhaupt meisterte. Das überzeugte den Audi-Vorstand, der kurz darauf dem Bau des quattro zustimmte.

Wer braucht schon Winterreifen?

Im Jahr darauf wurde ein weiterer Prototyp als Audi 80 getarnt internationalen Journalisten in Turrach in Österreich vorgestellt, unter denen sich der belgische Rennfahrer und Journalist Paul Frère befand. Mit den winterbereiften Versuchsfahrzeugen, die entweder nur einen Vorder- oder Heckantrieb besaßen, konnte der Belgier die Steigung nicht bezwingen - mit dem getarnten, sommerbereiften Prototyp des quattro musste er hingegen das Gas sogar zurücknehmen, da die erreichte Geschwindigkeit für die Strecke zu hoch war. Bei einem Versuch mit Winterreifen könnte er eine Steigung von 28% mit einer dicken Schneedecke ohne Probleme befahren. Die Erfahrungen mit dem quattro beeindruckten Paul Frère so sehr, dass er später sogar ein Buch über den Wagen schrieb.

Audi Ur-Quattro auf der IAA 2019
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Der quattro wurde von 1980-1991 gebaut und war der am längsten gebaute Serienwagen in der Geschichte des Konzerns. Hier zu sehen ist ein ausgestelltes Exemplar auf der IAA.

Der quattro – eine Weltsensation

Auf dem Genfer Auto-Salon 1980 wurde der quattro der Weltöffentlichkeit vorgestellt und von der internationalen Fachpresse als Sensation gefeiert. Anfänglich war er als Kleinserie geplant, aber aufgrund der großen Nachfrage begann schon kurz darauf die Serienproduktion. Der „Ur-quattro“ wurde mit stetigen Weiterentwicklungen bis 1991 produziert.

Der Wagen ebnete Audi darüber hinaus den Weg ins Premiumsegment – Bereits Anfang der 1980er-Jahre wurde entschieden, den Antrieb des quattro in jeder Baureihe anzubieten, 1983 wurde die Audi quattro GmbH gegründet, die seit Ende 2016 Audi Sport GmbH heißt. Der Audi Coupé S2 wird von Audi offiziell als Nachfolger des quattro bezeichnet.

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Die Audi Sport GmbH (bis Ende 2016 quattro GmbH) mit Sitz in Neckarsulm ist eine Tochtergesellschaft der Audi AG und setzt individuelle Kundenwünsche für Audi um, auch solche nicht sportlicher Natur. Die Wagen werden aus den Werken nach Neckarsulm geliefert und dort modifiziert. Seit 1996 firmiert die Audi Sport GmbH als eigenständiger Hersteller der Audi S- und RS-Modelle, die ebenfalls vor Ort in Neckarsulm entwickelt und konzipiert werden.

Die Technologie hinter dem quattro

Die revolutionäre Technologie hinter dem quattro fußte auf der Hohlwelle, einer hohl gebohrten Sekundärwelle, die die Kraft in zwei Richtungen fließen ließ. Über das hintere Ende trieb sie somit das Gehäuse des Mitteldifferenzials an, das wiederum 50% der Kraft auf die Hinterachse mit Sperrdifferenzial leitete. In der hohlen Sekundärwelle rotierte eine Antriebswelle, die die andere Hälfte der Kraft zur Vorderachse führte.

Im Jahr 1986 wurde das sperrbare Mittendifferenzial durch das Torsen-Differenzial ersetzt, wodurch die Antriebsmomente variabel verteilt werden konnten. 2005 folgte dann das Planetenradgetriebe mit asymmetrisch-dynamischer Grundverteilung der Kräfte.

Die Karosserie des Audi quattro fußte auf der des Audi Coupé, einem Audi 80 mit zwei Türen und Schrägheck. Er hatte verbreiterte Kotflügel, größere Stoßfänger und einen größeren Heckspoiler. Eine tolle Möglichkeit, das Fahrgefühl im quattro noch etwas sportlicher zu machen, bieten Gewindefahrwerke, wie etwa vom Premiumhersteller KW.

Der quattro im Rallye-Sport

Ab dem 01.01.1980 waren auf Antrag von Audi auch Fahrzeuge mit Allrad-Antrieb zugelassen. Obwohl der Schritt zum Allrad aus heutiger Sicht logisch ist, betraten die Konstrukteure mit dieser Technologie absolutes Neuland. Die Steuerung der Allrad-Fahrzeuge war deutlich anspruchsvoller und stellte hohe Anforderungen an die Piloten - Walter Röhrl sagte in einem Interview, dass die Wagen solch hohe Geschwindigkeiten unter schwierigen Bedingungen erreichen, dass die Zeit kaum zum Nachdenken reiche. 

Die herkömmlich angetriebenen Fahrzeuge schlugen sich anfangs wacker gegen die Allradgetriebenen Rallye-Fahrzeuge, hatten aber auf lange Sicht keine Chance und bewältigten die Strecken bei weitem nicht so gut. Doch die Konkurrenz zog nach, es entstand ein regelrechtes Wettrüsten und die herkömmlich angetriebenen Rallye-Fahrzeuge verschwanden allmählich von den Strecken. Die Rally-Fahrzeuge entwickelten sich immer mehr zu PS-Monstern und die Bedingungen wurden immer extremer, was zu teils schweren und tödlichen Unfällen führte. Ab 1984 gehörten neben Hannu Mikkola und Stig Blomqvist, die beide einen WM-Titel gewannen, auch Michèle Mouton und Walter Röhrl zum Fahrer-Team des Audi quattro, das 23 WM-Läufe gewann

1987 verabschiedete sich Walter Röhrl mit einen Rekordsieg und einem Streckenrekord von unter 11 Minuten beim Pikes Peak-Rennen aus dem Rallye-Sport - insgesamt fuhr das Fahrer-Team von Audi quattro dort drei Mal in Folge eine Bestzeit beim Pikes Peak-Rennen. 

Die Wagen erreichten bei dem Bergrennen mit unbefestigten Straßen, lebensgefährlichen, hunderte Meter tiefen Abgründen ohne Leitplanken und wegen der dünnen Luft verminderter Motorleistung trotzdem noch Geschwindigkeiten von fast 200 km/h - so schnell, dass der Helikopter der Filmcrew, der ebenfalls mit der dünnen Luft zu kämpfen hatte, kaum hinterher kam. Impressionen von Walter Röhrls Rekordfahrt beim Pikes Peak Hill Climb 1987 kannst du dir hier ansehen:

Das Vermächtnis des quattro, mit dem bahnbrechenden Allradantrieb nicht nur den Rallyesport, sondern auch den Automobilmarkt für Straßenfahrzeuge revolutioniert zu haben, macht ihn bis heute zu einer faszinierenden Ikone der Automobiltechnologie, der 2018 sogar in einer Briefmarkenserie klassischer Automobile der Deutschen Post ein Denkmal gesetzt wurde.

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