21.04.2021

Der VW Golf III ist nun im Club der Oldtimer

Die 90er Jahre sind nicht nur modisch wieder hoch im Kurs und cooler als je zuvor. Sie waren geprägt von der Wiedervereinigung, Blümchen, Loona und Lou Bega schmetterten durch unsere krachenden Autoradios, Kohl war noch Kanzler und die Sowjetunion gerade zusammengebrochen. Kaum zu glauben aber wahr: das alles ist fast 30 Jahre her! Zu Beginn dieses turbulenten Jahrzehnts stellte Volkswagen ein neues Automobil vor, das dieses Jahr die ehrwürdige 30-Jahre-Marke knackt und sich in den Kreis der Oldtimer gesellt: die Rede ist vom VW Golf 3. Wir haben uns anlässlich seines 30. Geburtstages und die Aufnahme in den #clubderoldies für dich intensiv mit ihm beschäftigt und die Story des Wagens recherchiert, mit dem VW in ein aufregendes Jahrzehnt startete.

Der VW Golf III basiert im Wesentlichen noch auf dem Vorgängermodell Golf II. So sind die Motorblöcke, Fahrzeugelektrik und Maße im Großen und Ganzen unverändert geblieben. Der größte Unterschied zwischen den Modellen liegt im Design: Mit dem Golf 3 wurde die typische Golf-Anmutung etabliert, seine Formen sind stark abgerundet im Vergleich zur kantigen Silhouette seiner Vorgänger. Die Frontscheinwerfer des Golfs erhielten ihre typisch ovale Form, die der damalige Chefdesigner Herbert Schäfer als „mandelförmig“ beschrieb und die im Nachfolgemodell ihre Fortführung erfahren sollten.

Veränderungen gab es auch beim Gewicht. der IIIer Golf war mit knapp 200 kg mehr deutlich schwerer als der Golf 2 und brachte je nach Modell satte 1,3 Tonnen auf die Waage. Auch die Karosserie bzw. die Fahrgastzelle und die Türen wurden deutlich verstärkt, mit dem ab 1992 serienmäßig angebotenen Airbag erzielten die Konstrukteure damit zusätzlich einen deutlichen Fortschritt in puncto Crashsicherheit. Der Innenraum ist kleiner als beim Vorgänger, da die neue Technik ihren Platz finden musste.

Mit dem Golf 3 verbundene Neuerungen waren außerdem ein Tempomat, der erste Oxidationskatalysator für Diesel, der erste Dieseldirekteinspritzer mit dem TDI 1993 und dem SDI 1995, Seitenairbags und ABS waren ab 1996 serienmäßig enthalten.

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Der Golf 3 wurde neben dem deutschen Produktionsstandort Wolfsburg auch in Zwickau in einer ehemaligen Trabbi-Fabrik gefertigt. Insgesamt liefen 4.805.900 Wagen in Bratislava, Brüssel, Sarajevo, Uitenhage (Südafrika), Puebla (Mexiko), Wolfsburg sowie Zwickau vom Band.

Endlich ein neues Cabrio

Der Golf 3 war als gewöhnliche drei-/fünftürige Schräghecklimousine, ab 1993 mit dem Variant als Kombi und auch endlich wieder als Cabrio erhältlich. Es löste das noch auf dem Golf 1 basierende Cabrio ab und war das erste in der Kompaktklasse mit einem Dieselmotor. Anfangs mit einem 66-kW-TDI-Motor mit Verteilereinspritzpumpe, später dann auch als 81-kW-TDI mit VTG-Turbolader. Insgesamt verließen 139.578 Golf 3 Cabrio die Bänder. Das nachfolgende Golf 4 Cabrio war fast in jeglicher Hinsicht baugleich, so dass man lediglich von einem Facelift sprechen kann.

VW Golf III Cabrio
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Das Highlight Sechszylinder

Krönung der 3er-Serie war der VR6, der Sechszylindermotor war ein Debüt im Golf und in der Kompaktklasse. Die erste Version kam mit 174 PS aus 2,8l Hubraum daher, die spätere mit 190 PS bei 2,9l und einer Höchstgeschwindigkeit von 224 km/h. Mit dem VR6 löste VW eine neue Tuningwelle aus, die PS-Monster mit bis zu 600 PS hervorbrachte. In der Szene war der größte Konkurrent des VR6 der GTI 16V mit 150 PS und einer vergleichbaren Leistung.

Breit aufgestellt: Motorvielfalt vom Feinsten

Volkswagen brachte den Golf 3 mit verschiedenen Motoren auf den Markt. Es konnte zwischen einem 1,4 Liter Einspritzer-Benziner mit 60 PS, einem 1,8 Liter mit 75 PS, einem 2,0 Liter GTI mit 115 PS, dem bereits erwähnten 2,8 Liter VR6 mit 174 PS und zwei unterschiedlichen Dieselmotoren, dem 1,9 Liter D mit 64 PS und dem TD mit 75 PS und Oxidationskatalysator, ausgewählt werden. Ein 16V GTI mit 150 PS wurde 1993 vorgestellt. Preislich gesehen kam der Golf 3 leider nicht so gut an: Für das Basismodell mussten VW-Enthusiasten 19.975 Mark hinlegen, was heute knapp 16.800 € entsprechen würde und im Vergleich zum Einstiegspreis des Golf 2 mit damals 13.490 Mark ein deutlicher Preisaufschlag von fast 50% war.

Golf 3
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Preis-Leistungs-Verhältnis?

Gemessen daran, dass Anfang der 90er Jahre das Geld bei vielen Deutschen nicht ganz so locker saß, die Wiedervereinigung brandaktuell war und der Solidaritätszuschlag die Konten der Bundesbürger zusätzlich belastete, war der um fast die Hälfte höhere Preis für viele empörend. Für den Kostenzuschlag musste VW viel Kritik einstecken, zumal der damalige Manager José Ignacio López de Arriortúa den Zulieferern mit eiserner Faust einen Sparkurs verordnete, um die Ausgaben zu senken, was sich später mit großen Qualitätsmängeln beim Golf 3 rächte. Noch heute wird vom López-Effekt als Synonym für billige und mangelhafte Bauteile gesprochen. Für diese Qualitätseinbußen mussten die Golf-Fans 1991 ordentlich draufzahlen und bekamen für ihr Geld weniger Qualität als zuvor. Daran konnten auch die zahlreichen Extras wie eine Sitzheizung, Wegfahrsperre, Automatik oder der Klimaanlage nichts ändern, die sowieso nur zu teuren Aufpreisen erhältlich waren. 

Schwachstellen des Golf 3 – Darauf sollte geachtet werden

Qualitätsprobleme gab es vor allem bei den Modellen der ersten Produktionsjahre. Bei hoher Laufleistung neigen gerade die 1.4er-Modelle zum Kolbenkippen, auch beim Motor klagen Besitzer von 1,4ern über Probleme. Außer beim VR6 und dem 1.4er sind aber nach Meinung vieler Golf 3-Schrauber die Motoren aller anderen Modelle eigentlich unkaputtbar und weitestgehend verlässlich, besonders der 1,8er soll stabil sein und Langlebigkeit versprechen. Schwachstellen, die aber auch dem Alter geschuldet sein können, sind poröse Dichtungen am Kofferraum und möglicherweise an den Türen, wodurch Feuchtigkeit in den Innenraum eindringen kann.

Beim VR6 wird oft über Hitzerisse im Zylinderkopf und gebrochene Steuerkettenspanner geklagt.

Auch die Automatikgetriebe sind qualitativ nicht ganz das Gelbe vom Ei, von denen man besser die Finger lassen sollte. Abgeraten wird auch die Anschaffung von Diesel-Modellen, da die Benziner deutlich weniger Probleme machen. Defekte Radaufhängungen und Fensterheber sowie Klappergeräusche waren leider typisch für den Golf 3. Grundsätzlich hat der Golf 3 und vor allem die Fahrzeuge der Baujahre 91/92 und 96/97 ein großes Problem mit Rost, was bei einer möglichen Anschaffung als Oldtimer unbedingt in Betracht gezogen und überprüft werden muss.

Trotz seines manchmal nicht ganz so guten Rufes ist der Golf 3 einfach ein Hingucker, der in vielen verschiedenen Sondermodellen und Sondereditionen erschien. Alles in allem sind noch viele solide Exemplare anzutreffen, die dem üblichen Verschleiß der Jahre und dem López-Effekts getrotzt haben und rostfrei geblieben sind. Die Ersatzteile sind wirklich günstig zu haben und das meiste kann selbst repariert werden — bei uns im Shop findest du eine riesige Auswahl von über 1.700 verfügbaren Ersatzteilen für diesen Klassiker.

Mit dem Golf 3 und seinen Sondermodellen durch die 90er

Jeder kann sich noch an sie erinnern: die Sondermodelle des Golf 3. Insgesamt rollten 14 Sondermodelle des Golf 3 aus den Fertigungshallen. Darunter auch besondere Editionen wie die „20 Jahre GTI“-Edition oder die „Otmar Alt Art-Edition“, von der es nur 1.000 Stück mit spezieller Teillederausstattung inklusive Sitzheizung und Airbags gab.

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Die Sondermodelle des Golf 3 in der Übersicht

  • 1992: Europe
  • 1994: Pink Floyd, Savoy, Highline, GTI Edition, New Orleans
  • 1995: CL Extra, Avenue, VR6 Edition, Rolling Stones, Movie, Colour Concept (in Rot, Gelb, Blau, Grün oder Schwarz)
  • 1996: Bon Jovi, 20 Jahre GTI
  • 1997: Variant Yachting, Omar Alt Art-Edition, Family, Joker (elektrisch bedienbares Glasschiebe-/Ausstelldach, Instrumentensatz mit silberfarbenen Zifferblättern, schwarzen Zahlen und roten Zeigern, abgedunkelte Heckleuchten, weiße Blinkleuchten vorn, Radioanlage alpha), Wilder Süden (in Kooperation mit dem SDR3, dem „Radio für den Wilden Süden“)
VW Golf III
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Das "Harlekin" Sondermodell mit den ikonischen Farben ist unvergleichlich!

Mit dem Golf 3 konnte Volkwagen leider nicht vollends an den Erfolg des Vorgängers anknüpfen und bereits nach nur 6 Jahren Bauzeit kündigte der Konzern mit dem Golf 4 den Nachfolger an. Trotz einiger Qualitätsprobleme in den ersten Produktionsjahren war der 3er Golf mit serienmäßigen Airbags und einer verstärkten Fahrerkabine in puncto Sicherheit ein großer Schritt in die Zukunft, mit dem Oxidationskatalysator setzte VW einen Meilenstein in Sachen umweltfreundlicherem Fahren und auch der VR6 mit seinem Sechszylindermotor war eine Weltneuheit und das Highlight des Modells. Das 1993 erschienene Golf 3 Cabrio ließ die Herzen von Fans freizügigen Fahrens höher schlagen und der Variant erfüllte den langgehegten Traum aller Stauraum-Enthusiasten. VW gelang es, sich mit dem Golf 3 breit aufzustellen und schuf einen Klassiker, der damals einen Marktanteil von fast 50 % erreichte.

Preislich gesehen werden perfekt erhaltene Golf 3 für bis zu 15-20.000 Euro angeboten, die überwiegende Mehrheit der Fahrzeuge liegt aber im Bereich zwischen 700 und 3.500 Euro, je nach Baujahr, Modell und Motor. Die 90er Jahre üben noch heute eine große Anziehung aus, die Musik war irgendwie cool, Mauern und Barrieren wurden eingerissen und ein Jahrzehnt voller Hoffnung und Aufschwung nahm seinen Anfang, und wir finden, der Golf 3 verkörpert dieses Jahrzehnt einfach perfekt. Willkommen im Club, Oldtimer Golf III!